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Durch Verwandlung verdirb die Gestalt, mit der ich zu sehr gefiel!
16.05.2018
Der Mythos von Apollo und Daphne regte die schöpferische Kreativität mehrerer Künstler an.
Eine Figur von Daphne schmückt den Richard-Strauss-Brunnen in Garmisch-Partenkirchen, in Rom wurde diese zusammen mit Apollo zwischen 1622 und 1625 als eine Zusammenarbeit vom Künstler Gian Lorenzo Bernini mit Giuliano Finelli in Marmor verewigt.

Komponist Richard Strauss mit dem Text von Joseph Gregor vertonte die Geschichte einer unerwiderten Liebe eines Gottes zu einer Jungfrau in seiner Oper „Daphne“.

Auch das Grazer Opernhaus, Inszenierung von Christian Thausing, in Kooperation mit der Kunstuniversität Graz stellte dem Grazer Publikum in einer Open-air-Version seine Sicht auf Ovids „Metamorphosen“ vor. 
 
Apollo, ein selbstsüchtiger, hochnäsiger Gott, rühmt seinen Sieg über das riesige Ungeheuer Python und verspottet dabei die Bogenschützenkünste von Cupido. Ob von einem Pfeil von Cupido getroffen oder nicht, so findet sich auch bei Apollo eine Schwachstelle: das Begehren der weiblichen Reize. Als Apollo die Nymphe Daphne, die der Göttin Diana ergeben ist, sieht, interessiert ihn nichts mehr als diese Frau zu „besitzen“. Doch Daphne ist kein riesiges Ungeheuer Python und lässt sich durch Pfeile nicht besiegen. Bereits dem Vater antwortet sie auf sein Verlangen, ihm Enkel zu schenken, dass sie ihre Jungfräulichkeit und mit dieser verbundenen Freiheit genießen will, was dieser entsetzt allerdings stillschweigend akzeptiert. Apollo kennt kein Scheitern. Verwöhnt von seinem göttlichen Dasein, will er alles und jeden bezwingen, das Seine zu sein und sich ihm zu unterwerfen. Die Darstellung der Figur von Apollo durch Kresimir Dujmic widerspiegelt ideal den Überfluss an Selbstsucht des jungen Gottes, der kein Scheitern kennt, was auch das Publikum durch Applaus und Lacher bestätigt hat. Nämlich zieht er dies in eine lächerliche Richtung, wobei Apollo sich als unbesiegbar und überzeugend als die beste Partie für Daphne präsentiert, was sich nicht allein am Aussehen und Machtposen messen lässt. 
 
Daphne (Kristinka Antolkovic) ist vom Auftreten von Apollo nicht überzeugt und bevorzugt es lieber, ihre Jungfräulichkeit und Freiheit zu genießen. Da Apollo allerdings nicht aufgibt, muss sie fliehen. Als ihre Kräfte ihr versagen und sie sich dem Apollo nicht ergeben will, fleht sie bei ihrem Vater nach einer Lösung:   
 
„Hilf, Vater“, sagt sie, „wenn ihr Flüsse göttliche Macht habt!
Durch Verwandlung verdirb die Gestalt, mit der ich zu sehr gefiel!“
 
Ovid: Metamorphosen, Buch 1, Vers 545-556
 
Dieser verwandelt sie in einen Lorbeerbaum, der von Apollo, der verzweifelt darüber ist, dass sich ihm Daphne nicht gefügt hat und er sie nie als Frau haben kann, vergöttert und heiliggehalten wird. 
 
Hinter dem Vers „Durch Verwandlung verdirb die Gestalt, mit der ich zu sehr gefiel!“ verbirgt sich eine gewaltige Botschaft, nämlich die Kenntnis darüber, dass weibliche Reize anziehend auf Männer wirken. Der Grund, warum sich muslimische Frauen hinter Schleier und Burka verstecken ist, weil sie sich dessen bewusst sind, dass sie eine Gefahr für den Mann sind. Das sollte nicht zum Ansporn dazu dienen, dass sich ab nun alle Frauen verschleiern, sondern dieses Bewusstsein und Verständnis, welche Auswirkung eine Frau und ihre Reize auf den Mann hat, ist bereits ausreichend. Wer sich dessen bewusst ist, wird anders handeln. Anders als die #metoo-Debatte bringt Christian Thausing mit seiner Inszenierung hier ans Licht, dass es in der Verantwortung einer Frau liegt, wie sie sich dem Mann gegenüber präsentiert und dass sie selbstverständlich als Frau für jeden Mann reizend ist. 
Trotz der Skepsis über eine Open-air-Veranstaltung im Mai ist der OpernKurzgenuss „Apollo und Daphne“ gut angekommen. Das historische Ambiente im Landhaushof, wo tagsüber Grazer Beamte ihre Beamtentätigkeiten verrichten, die Rathausuhr um pünktlich um 21 Uhr schlug und die interessierten Passanten sich über die Geschehnisse erkundigten, hatte durchaus seinen Charme und vervollständigte die Vorstellung und gab den Schauspielern Spielraum für ihr Katz-Maus-Spiel und das triviale Ende (welches auch positiv gesehen werden kann als eine Erlösung für Daphne) mit einer wachsenden Baumprojektion oberhalb des Brunnens. 
 
Genial war die Führung von Johann Wolfgang Lamp durch den Inhalt der Aufführung in deutscher Sprache, dem die Zuschauer gerne folgten. 
 
vs

Fotos: Werner Kmetitsch
 
 

die-frau.at