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Der weibliche Orgasmus ist überflüssiges Beiwerk
13.09.2014
Unter dem Titel „Orgasmus auf Bestellung“ – Weckruf für die Libido, berichtete das Magazin „Woman“ in ihrer Ausgabe vom 1. August 2014 über Yoni Rituale. Irgendwie scheint „Das Orgasmus-Buch“ der Sexualtherapeutin Goedele Liekens Modetrends auf dem Sektor der weiblichen Frustration zu setzen, denn in diesem Artikel, genauso wie im Buch, erfährt die Frau, dass der Orgasmus für sie gar nicht so wichtig ist.

Frau Liekens, ehemalige Miss Belgien, leitet nämlich nicht Frauen an, wie sie zum Orgasmus kommen können, sondern plädiert für mehr Entspanntheit. Kein Orgasmus? Was soll’s! Einfach die Sache locker angehen und was passiert, passiert oder eben nicht.

Spaß statt Höhepunkt

Die Autorin vertritt die Meinung, dass die Medien und die Gesellschaft unnötigen Druck auf Frauen ausüben und ihnen „aufzwingen“, dass sie gefälligst Orgasmen zu haben haben. Sie plädiert auch dafür, dass Männer endlich verstehen sollen, dass die Frau an sich auch ohne Höhepunkt jede Menge Spaß am Sex hat.

Die Yoni Massage weiß offenbar auch nicht, wohin sie soll. Auf der einen Seite wird berichtet von ganz neuen Orgasmen, welche die Frauen durch diese intime Art der Berührung erfahren, andererseits wird den Frauen wieder erklärt, dass der Orgasmus nicht sooo wichtig ist. Dr. Otto Schlappack, selbst Fingerakrobat im Dienste der seelischen Ausgeglichenheit, erklärt, dass, wenn man beständig auf einem hohen Niveau der Lust „dahinreitet“, der Orgasmus kein so extremer Draufsetzer mehr sei.
Hoffentlich erklärt das auch jemand dem Herrn Doktor wenn er das nächste Mal knapp davor ist, zu kommen, dann aber doch nicht kann/darf. Es ist davon auszugehen, dass sich in diesem besonderen Moment so einige seiner Theorien schlagartig relativieren werden.

Die Yoni Massage beruht auf ganzkörperlichen Berührungen und Massagen, die darauf abzielen, die Libido zu wecken und damit ein Gleichgewicht wieder herzustellen, dass unerlässlich für physische und psychische Gesundheit ist. Yoni ist die tantrische Bezeichnung für die weiblichen Genitalien und kann man sich daher leicht vorstellen, was hier mit massiert wird.

Die Frauen werden durch eine Frau oder einen Mann, je nach Wunsch der Kundin, stundenlang gestreichelt und liebkost, mit dem Ziel, dass die Frauen wieder Lust am eigenen Körper und der eigenen Sexualität erleben.

Die Frage, die sich aufdrängt ist, was nutzt das Wecken der Sexualität, wenn diese erst wieder nicht befriedigt wird? Da kann frau gleich beim schnellen ehelichen GV zwischen Sportnachrichten und Hauptabendprogramm bleiben und muss nicht viele, viele Euros in räucherstäbchen-geschwängerte Tantra Studios tragen.

Wer würde sich einen Sportwagen anschaffen, der zwar schön ist und in dem man bequem sitzt, der aber nicht fährt? Die weibliche Sexualität ist zweckorientiert. Der weibliche Orgasmus ist weder Mythos noch Accessoire.

Jaya B. Venders sagt in dem „Woman“ Artikel, dass die Yoni Massage unter anderem deshalb so gut für Frauen sei, weil sie sich endlich verwöhnen lassen können, ohne gleich daran zu denken, was sie dem Mann im Gegenzug Gutes tun könnten/sollten/müssten.

Darin offenbart sich die grundlegend falsche Zugangsweise zur weiblichen Sexualität. Warum sollte frau mit einem Mann schlafen, der sie nicht zum Höhepunkt bringen kann? Der weibliche Orgasmus muss die Voraussetzung für Geschlechtsverkehr sein und nicht Beiwerk. Keinem Mann sollte es erlaubt sein, seinen Penis in Yoni Nähe zu bringen, bevor er nicht bewiesen hat, dass er die Frau zum Höhepunkt bringen kann.

Die Verantwortung der Frau ist es, den Mann anzuleiten, ihm zu zeigen, was er tun muss, damit sie kommen kann und das auch von ihm einzufordern. Das Motto muss zwingend lauten: „Zuerst die Frau, dann lange nichts, dann der Mann.“ Darin und nur darin liegt der Schlüssel zu erfüllter Sexualität.

Es reicht!

Es muss endlich Schluss damit sein, dass den Frauen auf Grund von allgemeiner Ratlosigkeit und grassierender Verwirrung eingeredet wird, dass ihr Orgasmus nicht so wichtig ist und Sex auch ohne ihn Spaß macht.

Wenn der Sex auch ohne weiblichen Orgasmus so mega-spaßig wäre, warum stellen Frauen dann den Beziehungsgeschlechtsverkehr früher oder später ein? Woher kommen dann die zahlreichen Lamentis von Weiblein wie Männlein, dass im ehelichen Bett nichts mehr los ist? Warum brauchen wir dann Gleitmittel und Entspannungstechniken, weil der Sex auf Grund trockener, also ungeiler Scheide, Schmerzen verursacht? Warum beschweren sich Frauen darüber, dass ihre Männer immer nur Sex, aber nie kuscheln wollen?

Zwiespalt zwischen Wollen und Nicht-Können ist auf Dauer nicht lebbar und nicht lebenswert

Weil Frauen nicht mehr wissen, wie sie kommen können und Männern vorgegaukelt wird, dass sie alles richtig machen, es aber mit dem weiblichen Orgasmus einfach nicht sein soll, hat sich die gesamte zivilisierte Welt ein Lügenkonstrukt zurechtgelegt. Es wird vorgegaukelt, dass das Penis-in-der-Scheide-Rein-Raus genügt und wenn eine Frau dadurch nicht kommen kann, ist selbst schuld.

Anstatt endlich dieses Lügengebäude zu sprengen, richtet man sich dort mit bürgerlichen Träumen vom Eigenheim und trauter Zweisamkeit ein und tapeziert es mit Yoni Massage, Sado Maso Fantasien, Plastik Dildos und Ersatzbefriedigung durch Sport. Dieser Zwiespalt zwischen Wollen und Nicht-Können ist auf Dauer weder lebbar und noch lebenswert.

Wie Ärzte und Psychologen ruhigen Gewissens den Menschen erzählen können, dass auch ohne sexuelle Befriedung ein Gleichgewicht zwischen Körper und Geist möglich ist, bleibt ein großes Rätsel.

Wenn nicht einmal „Das Orgasmus-Buch“ und Yoni Massagen den absoluten Fokus auf den weiblichen Orgasmus legen, sondern den Frauen wieder erklärt, dass sie, im Gegensatz zum Mann, auch ohne Höhepunkt ganz gut über die Runden kommen können, dann liegt wohl alles im Argen. Eine Frau, die ihren eigenen Bedürfnissen und ihre sexuelle Befriedung nicht in das absolute Zentrum des Interesses stellt, kann kein Selbstbewusstsein haben. Die „Der weibliche Orgasmus-ist-nicht-so-wichtig-Haltung“ der Frauen bedeutet nichts anderes als „Ich bin nicht so wichtig.“.

Und wer in Anbetracht dessen Frauen immer noch einreden will, dass sie trotz Ignoranz der eigenen Bedürfnisse selbstbewusst und hochgradig sexuell sein können, der ist im besten Fall ein absolut Ahnungsloser.

Frauen, die die Probe aufs Exempel machen wollen, sollen doch ein Experiment an den Herren der Schöpfung wagen: Setzen Sie sich nackt neben oder auf einen Mann und massieren Sie ihn. Den ganzen Körper bis hin zu Penis und Hoden. Kurz bevor er kommt, hören sie aber damit auf und erklären ihm, dass das Abspritzen jetzt gar nicht wo wichtig ist; dass er lange genug auf höchstem Niveau der Lust „dahingeritten“ ist und der Orgasmus nunmehr keine große Steigerung des Hochgefühls bedeuten würde. Machen Sie ihm auch klar, dass Geschlechtsverkehr sicher keine Option ist. Das würde nur die Stimmung zerstören. Halten Sie ihn auch nach Möglichkeit davon ab, selbst Hand an sich zu legen.

Sie werden dann umgehend erfahren, wie entspannt und ausgeglichen Sexualität ohne Orgasmus machen kann und werden gemeinsam unendlich viel Spaß in ihrer Beziehung haben….

KWH


Fotos: Roger de La Fresnaye/ wikicommons
           Paul Avril/ wikicommons





 

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